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28. Januar 2025 - Einzigartige Prüfmaschine um das Verhalten von Werkstoffen unter Hochgeschwindigkeitsbelastung zu erproben an THM in Betrieb

Großer Zug für mehr Sicherheit. THM betreibt in Gießen europaweit einzigartige Prüfmaschine.

Unter dem Zug mehrerer Tonnen reißt ein Prüfkörper in der „servohydraulischen Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine für dynamische Untersuchungen an Werkstoffen und Bauteilkomponenten“ der THM. Foto: THM.
Es macht „piff“ und das Edelstahlblech reißt. In Echtzeit kaum spektakulär. Doch die Zeitlupe offenbart, was ein neues Großgerät an der THM leistet. Die mit einem Millionenbetrag geförderte Anlage erlaubt dynamische Untersuchungen an Werkstoffen und Bauteilkomponenten – etwa, um das Verhalten von Automobil-Komponenten oder neuen Werkstoffen bei Unfällen zu analysieren.

Der Prüfkörper kann der Kraft der Anlage nur wenige Millisekunden standhalten. Männerspielzeug? Nein: „Hier kommt alles zusammen, was wir in unseren Dynamik-Vorlesungen lehren“, sagt Prof. Dr. Stephan Marzi vom Fachbereich Maschinenbau und Energietechnik an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). Und mehr noch: „Hier steht der Ferrari unter den Prüfmaschinen, das ist in dieser Konfiguration einmalig in Europa.“ Als einzige Forschungsstelle auf dem Kontinent verfügt die Vorrichtung über einen Kolbenweg von 500 Millimeter, Standard sind 250 Millimeter. Das erlaubt es, die geprüften Gegenstände und Materialien besonders hohen Belastungen auszusetzen.

Die Anlage selbst ist eine Sonderanfertigung eines renommierten Herstellers von Prüfgeräten. Hinzu kommen Eigenentwicklungen, etwa zur Messung und Dokumentation. Die Mittel dazu stammen aus der Großgeräteförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) – als einzige Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Deutschland hatte es die THM in den Jahren 2021 und 2022 zweimal in Folge geschafft, dort mit je einer Million Euro bedacht zu werden. Die zweite Förderung floss in eine „Multiport-Hochfrequenz-Workstation zur Entwicklung von Empfangs- und Sende-Systemarchitekturen in der Magnetresonanz-Bildgebung“ am Fachbereich Life Science Engineering.

Seit der Anlieferung im Oktober wurde die „Servohydraulische Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine für dynamische Untersuchungen an Werkstoffen und Bauteilkomponenten“ im – damals sehr neuen – Gebäude C11 des Campus Wiesenstraße in Gießen errichtet. Im Kompetenzzentrum Automotive, Mobilität und Materialforschung (AutoM) wollen Prof. Dr. Stephan Marzi und Prof. Dr. Stefan Kolling das Verhalten von Werkstoffen unter Hochgeschwindigkeitsbelastung erforschen. Ihr Interesse gilt Materialien, die im Schienen-, Automobil- und Schiffsbau sowie der Zahnmedizin oder dem Bauwesen eingesetzt werden. Dabei stehen seit Beginn der Energiewende nachhaltige natürliche Werkstoffe, aber auch neue Speichermedien wie Festkörperbatterien für die Elektromobilität und gewichtsparende Verbindungstechniken zunehmend im Fokus. Deren „hochdynamisches Verhalten“ – also etwa bei einem Unfall – ist aber bislang kaum erforscht, der Bedarf an Daten in Wirtschaft wie Wissenschaft laut DFG groß. Die neue Maschine ermöglicht Zug-, Druck- und Biegeversuche unter konstanten Geschwindigkeiten bis zu 20 Meter pro Sekunde, auch die Prüfung größerer Proben ist möglich. Die in Versuchsreihen ermittelten Daten können später für Simulationen, etwa im Kompetenzzentrum AutoM, genutzt werden.

Für Marzi und Kolling bieten sich aber auch zahlreiche Möglichkeiten, die Anlage in die praxisnahe Lehre einzubeziehen, insbesondere im Rahmen von Projekt- und Abschlussarbeiten – einerseits zur Untersuchung neuartiger Materialien und Werkstoffe, andererseits mit Bezug auf die Konfiguration der Prüfmaschine selbst. „Wir wollen die Anlage weiterentwickeln und an die jeweiligen Bedarfe anpassen“, sagt Marzi. Ein weiterer Antrag bei der DFG zur optimierten Nutzung der Maschine sei bereits gestellt.

Bestimmung der Querkontraktion desselben Prüfkörpers im Moment des Reißens unter Zugbelastung. E0 entspricht der Längsdehnung, E1 entspricht Querdehnung. Foto: THM.

„Wir sind stolz darauf, was Sie hier in der Forschung und der damit verbundenen Lehre leisten“, sagt THM-Präsident Prof. Dr. Matthias Willems anerkennend. Beide DFG-geförderten Großanlagen seien Aushängeschilder der THM und Beleg ihrer Leistungsfähigkeit in der Forschung. Dass unter anderem bereits die Teilnahme an einem internationalen Ringversuch, einem sogenannte Round Robin, geplant ist, belege, belege die Bedeutung engagierter Projekte wie der „Servohydraulischen Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine“ für die Sichtbarkeit Mittelhessens.

 

Campus-Schwerpunkt "Material, Molekül und Energie"

Prof. Dr. Stefan Kolling ist beteiligter Forschender im Campus-Schwerpunkt "Material, Molekül und Energie". Die Entwicklung zukunftsträchtiger Technologien und Materialien ist das zentrale Ziel der gemeinsamen Forschungsaktivitäten der Forschenden  im Campus-Schwerpunkt.

 

Kontakt

Technische Hochschule Mittelhessen
Prof. Dr.-Ing. habil. Stefan Kolling
Fachbereich Maschinenbau und Energietechnik
Wiesenstrasse 14
35390 Gießen

E-Mail: stefan.kolling@me.thm.de

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