17. Dezember 2025 - Studie von JLU und THM: Pilz verarbeitet Möhrenreste zu schmackhaftem Protein
Myzelien des Rosenseitlings als nachhaltige und hochwertige Proteinquelle.
Da die Weltbevölkerung weiterhin wächst und nach wie vor viele Menschen hungern, steigt der Bedarf an nährstoffreichen Lebensmitteln und nachhaltigen sowie effizienten Herstellungsverfahren. Eine Möglichkeit sind essbare Pilze, die auf einer Vielzahl von organischen Resten, die bei der Lebensmittelproduktion in beträchtlichen Mengen anfallen – zum Beispiel Apfeltrester aus der Herstellung von Apfelsaft und Molke aus der Käseherstellung – wachsen können. Auch Möhrenreste, die beispielsweise bei der Gewinnung natürlicher Farbstoffe anfallen, können ein Substrat für das Pilzwachstum sein, wie die Studie zeigt. „Darin sind wertvolle Nährstoffe enthalten, die wir für die menschliche Ernährung nutzen wollten“, erläutert Dr. Gand. Anstatt die Fruchtkörper der Pilze zu ernten, haben sich die Forschenden auf die wurzelähnlichen Myzelien konzentriert, die weniger Zeit und Platz zum Wachsen benötigen und dennoch unentbehrliche Nährstoffe produzieren.
Zunächst ließen sie über 100 Pilzstämme auf Resten von orangefarbenen und schwarzen Möhren wachsen, die bei der Firma GNT Europa GmbH bei der Herstellung natürlicher Farbstoffe anfallen. So konnten sie erkennen, welcher Pilz am besten wuchs und den höchsten Proteingehalt aufwies. Das Rennen machte Pleurotus djamor, auch als rosa Austernpilz oder Rosenseitling bekannt. Die Forschenden optimierten die Wachstumsbedingungen weiter, um die Erträge zu verbessern. Sie konnten so Proteine erzeugen, die denen von tierischen und pflanzlichen Proteinen ähneln, also ernährungsphysiologisch hochwertig waren. Zudem erwiesen sich die Myzelien des Rosenseitlings als fettarm.
Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Myzelien sind schmackhaft. Die Forschenden stellten damit vegane Patties her. Dabei ersetzten sie den typischen Sojaproteinanteil durch verschiedene Anteile an Myzelien. Freiwillige, die diese Speisen verkosteten, bewerteten sie nach Merkmalen wie Textur, Geschmack und Geruch. Am besten schmeckten ihnen die Patties, bei denen das gesamte Sojaprotein durch Myzelien ersetzt worden war. Anschließend kosteten die Freiwilligen vegane Würstchen, die entweder mit eingeweichten Kichererbsen oder mit frischen Myzelien hergestellt wurden. Auch hier schnitten die Würstchen mit den Myzelien bei Geruch und Geschmack besser ab.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass pilzliche Myzelien eine nachhaltige und schmackhafte Proteinquelle sind, die zudem ähnliche ernährungsphysiologische Vorteile wie pflanzliche Proteine bieten kann“, so Dr. Gand. „Da hier Nebenprodukte in Lebensmittelqualität für die Produktion von hochwertigen Proteinen genutzt werden, muss keine zusätzliche Landwirtschaft betrieben werden, um die Ernährungssicherheit zu fördern. Dies reduziert die Umweltauswirkungen.“
Publikation: Leonie Cora Juhrich, Iris Lammersdorf, Pascal Schmitt, Lars Tasto, Falk Speer, Denise Salzig, Kai Reineke, Holger Zorn, and Martin Gand: Pleurotus djamor Mycelium: Sustainable Production of a Promising Protein Source from Carrot Side Streams, Journal of Agricultural and Food, https://doi.org/10.1021/acs.jafc.5c11223
Forschungscampus Mittelhessen
Der Forschungscampus Mittelhessen (FCMH) ist eine hochschulübergreifende Einrichtung nach §53 des Hessischen Hochschulgesetzes der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen zur Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung und Forschungsinfrastruktur. Der FCMH fördert Netzwerke, gemeinsame Forschungsprojekte, unterstützt den Transfer des Wissens in die Gesellschaft und schafft durch den Aufbau zukunftsweisender Kooperationsstrukturen Synergien zwischen den Hochschulen. Das Ziel ist, gemeinsam noch erfolgreicher in der internationalen Spitzenforschung und der exzellenten Nachwuchsförderung zu sein.
Kontakt
Justus-Liebig-Universität Gießen
Dr. Martin Gand
Institut für Lebensmittelchemie und -biotechnologie
E-Mail: martin.gand
Technische Hochschule Mittelhessen
Prof. Dr.-Ing. habil. Denise Salzig
Institut für Bioverfahrenstechnik und Pharmazeutische Technologie – IBPT
E-Mail: denise.salzig